In meiner kleinen Welt
Aktualisiert: 3. Nov. 2022
Wer hätte das gedacht. Jetzt sitze ich hier in Norwegen und es passiert nichts spannendes, von dem ich unbedingt berichten müsste. Nichts wo man denkt, dass es sich für einen Blogeintrag lohnen würde.
Die Tage ziehen gerade so an mir vorbei und ich habe das Gefühl ich komme gar nicht mehr hinterher. Es ist schon Anfang November und ich habe schon Halbzeit hier in Oslo.
Es wird kälter, die Tage werden kürzer und das Wetter schlechter. Man merkt, dass der Herbst hier so richtig angekommen ist. Meine Sonntage verbringe ich mit Zimtschnecken backen, langen Spaziergängen und zeichnen. Sogar das stricken habe ich angefangen. Wenn ich das selbst so lese, dann klingt das ziemlich erwachsen.
Zwischendurch habe ich mich gefragt, warum gerade so wenig aufregendes passiert, denn ich habe es ja selbst in der Hand. Ich glaube, weil ich gerade anfange richtig anzukommen. Ich habe nicht mehr das Bedürfnis jeden Tag vor die Tür zu gehen, weil ich ja sonst was verpassen könnte. Und das ist ziemlich entspannend, denn jetzt finde ich Zeit für die kleinen Dinge, die ich gerne mache.
Und wenn ich die letzten zwei Wochen mal so Revue passieren lasse, habe ich doch einiges erlebt, aber eben kleine Dinge.
Mein persönliches Highlight war die kurze Badesession im Fjord bei einer Außentemperatur von 10 Grad. An meine Freunde aus meinem Dorf: Das Freibad war ein Witz dagegen! Ganze 3 Minuten habe ich es ausgehalten, bis ich irgendwann meine Füße nicht mehr spüren konnte und dann den Entschluss fasste: Abbruch, das reicht!
Es war definitiv eine Erfahrung wert!
Vor zwei Wochen dann, habe ich mir in einem Second Hand Laden einen Norweger Pullover gekauft, aus 100% Wolle. Die Norweger schwören nämlich auf Wolle und ich muss sagen, ich kann es verstehen. Im Winter tragen alle Norweger unter ihrer normalen Kleidung Wollunterwäsche und es macht wirklich einen riesen Unterschied! Daher dachte ich mir, dass ich für den Winter in einen anständigen Wollpullover investieren sollte. Zuhause angekommen musste das gute Ding natürlich direkt gewaschen werden. Die meisten denken sich beim Lesen jetzt bestimmt schon "Oh Gott, bloß nicht in die Waschmaschine!" ... ich habe ihn in der Waschmaschine gewaschen und als er raus kam, hätte er einer Puppe gepasst, einer sehr kleinen Puppe. Meiner Mama ist dazu nur ein Kommentar eingefallen: "Tja Anni, Lehrgeld!" Danke Mama, das war es, passiert mir nicht nochmal.
Nach ein paar Wochen Entspannung, Ruhe und ein wenig Besinnung, gab es dann letztes Wochenende endlich mal wieder ein wenig Action, denn ich hatte Besuch von Zuhause. Eine sehr gute Freundin hat das lange Wochenende genutzt und mich in meiner kleinen Welt hier in Oslo besucht. Und wie hätte es auch anders sein können, sind wir Freitag direkt mal in einem Pub versackt. Den Samstag haben wir nach dem Ausschlafen, der Abend davor wurde dich länger als geplant, draußen in der Natur genossen mit einer Wanderung zum Melomkollen. Da ich den Trip geplant habe und ich in einem vorherigen Blogeintrag ja mal erwähnt habe, dass meine Pläne in den seltensten Fällen aufgehen, konnte es ja nicht anders, als schief gehen. Nachdem wir uns mindestens 5 mal kurz verlaufen haben, ja ich hatte die Karte in der Hand, überlegten wir um 16:00 Uhr dann mal, ob wir nicht den Heimweg einschlagen sollten, bevor wir im Dunkeln durch den Wald laufen müssen. Aber hey, als alte Zeltlagerkinder war das kein Problem. Immer der Nase nach und dann findet man schon nach Hause. Zwischen Pfifferlingen und den Rufen eines Falken konnte man kurz durchatmen und den Alltag vergessen. Ich glaube das war etwas, was wir beide sehr gut gebrauchen konnten.
Die schöne Wanderung haben wir dann in einem weiteren Pub ausklingen lassen und ich muss sagen, dass mir das feiern gehen in Norwegen noch nie so viel Spaß gemacht hat, wie an diesem Abend. Gelandet sind wir in einem sehr kleinen und gemütlichen irischen Pub in dem ein Musiker gerade angefangen hat an seiner Gitarre zu spielen. Nach kurzer Zeit war die "Tanzfläche", also die 3 qm vor der "Bühne", gefüllt mit Menschen die ausgelassen zu der Musik des einzelnen Sängers und seiner Gitarre tanzten. Es hat sich ein wenig angefühlt wie zuhause. Zuhause in der so gut bekannten Kneipe, zwischen all den Leuten die einem so vertraut sind und mit denen man gerne ein Bierchen trinkt und über alte Zeiten quatscht. Und das obwohl ich niemanden kannte. Irgendwann ist man dann doch mit dem ein oder anderen ins Gespräch gekommen und die Englisch-Kenntnisse aus der Schulzeit waren gefragt. Ich muss sagen, ich denke meine Lehrerin wäre stolz auf mich gewesen.
Der Abend war geprägt von guter Laune und Unbeschwertheit. Er war voller Freude und sorgenlos. Anscheinend haben auch andere das wahrgenommen, jedenfalls habe ich am Ende des Abends, kurz bevor wir gehen wollten, von einem Schweden gesagt bekommen, ich solle niemals meine Lebensfreude, die ich den ganzen Abend ausgestrahlt habe, verlieren. Und wie man mich kennt, Komplimente sind ja nicht meins. Mit einem fetten Grinsen im Gesicht und einem "Thank you!" habe ich dann schnell den Pub verlassen. Selten habe ich so so ein nettes Kompliment erhalten, aber das habe ich wohl von meiner Mama. Uns kann man im Gesicht ansehen was wir denken und wie es uns geht. Ist wohl Fluch und Segen zugleich, aber an dem Abend war alles (sichtbar) perfekt.
Das restliche Wochenende haben wir genossen mit der übliche Touri-Tour durch die Stadt und vielen Gesprächen. Updates von Zuhause und all das was die letzten zwei Monate angefallen ist, kam auf den Tisch. Schön wars!
In letzter Zeit merke ich, wie sehr ich mich doch auf Zuhause freue. Ich habe kein Heimweh, es ist eher die Vorfreude auf Freunde, Familie und Heimat. Ein guter Freund hat mir vor kurzem ein Video mit dem Lied "Tommi" von AnnenMayKantereit geschickt. Zurzeit höre ich es rauf und runter und fühle den Text sehr. Ich war froh dieses Wochenende ein wenig Heimat zu Besuch gehabt zu haben und ihr meine kleine Welt in Oslo zeigen zu können. Ich genieße hier jeden Tag und bin immer noch fasziniert von diesem Land und dieser Stadt und ich freue mich noch sehr auf die Zeit die mir jetzt noch bevor steht. Aber an alle die Angst hatten, dass ich nicht wieder kommen würde, habt keine Sorge, denn ...
Sehr schön Anni! Wir freuen uns auf dich 😘😘